Tea for two

Made in Cina

(GTA) Gestern waren wir im Brockenhaus. Wie wir so zwischen verwaisten Kaffeetassen ohne Unterteller, mottenbefallenen Leintüchern und lieblos hingestellten Reader’s Digest Schmökern wühlten, wurde uns etwas mulmig zumute. Mein Blick kreuzte jenen meines Begleiters, und wir wussten, dass wir das gleiche dachten. Wie traurig, all diese stummen Zeugen namenloser Existenzen. Was hier im Überfluss rumlag hätte mancher kinderreichen Familie in einem Drittweltland zu Ansehen und Neid verholfen: für uns bloss ausrangierte Ware, für weniger begüterte Menschen wertvolle Besitztümer. Etwa ein vorsintflutliches Fahrrad, praktisch nie gebraucht, wie der Trödler versicherte, oder die goldumrandeten Weingläser, die vergilbten Bücher. Ich sehe sie förmlich vor mir, die massive Wohnwand – meist aus Nussbaum – in der sie einst in Reih und Glied standen, in der guten Stube.

Viele dieser Alltagsgegenstände wecken persönliche Erinnerungen: hier der Schwarzweiss-Fernseher: wie stolz waren wir Ende der 60er Jahre doch auf ein ähnlich unförmiges Möbel, das allen verkündete: seht, auch wir haben es zu etwas gebracht! Da die Gymnastik-Kassetten der frühen 80er Jahre, mit Jane Fonda als Vorturnerin einer ganzen Generation von stirnbandgeschmückten, dezent schwitzenden jungen und weniger jungen Damen im Aerobics-Rausch. Stepper, Rudermaschinen, Hanteln, alles ausprobiert, der Fitness zuliebe. Oder dort, Schlittschuhe aus Kunststoff mit verrosteten Kufen. Schrott, meint mein Gegenüber, aber die dazugehörende Tragtasche im rot-grün-weissen Karomuster, die nehmen wir. Die ist jetzt wieder richtig in, ganz im Trend der Retrowelle.

Eine Stunde später tauchen wir aus der Zeitreise wieder auf, jeder mit einer Trophäe in der Hand: der Junior mit einer originalen Lederjacke im Vintage-Stil, ich mit einem fernöstlichen Teeservice aus Porzellan. Das “Made in China” für einmal ein Echtheitssiegel und kein Makel! Er wird sich bestens neben den anderen Schätzen machen, die sich im Laufe der Jahre angesammelt haben, bei den samstäglichen Streifzügen durch die Flohmärkte.