Kleiner Spaziergang durch 7 Jahrhunderte von Walter Eigel

Bild: Erhard Gick

Einleitung

Liebe Oberartherinnen und Oberarther,
Liebe Gäste von nah und fern
Verehrte Festgemeinde

Der Titel «1298 – 1998: 700 Jahre Oberarth» wäre eigentlich die Anfrage an einen Historiker. Ein solcher wird nach wie vor Mühe haben, auf alten Pergament-Urkunden die Zahl 1298 zu entdecken. Aber man darf mit Fug und Recht das Jahr 1298 als frühestes belegbares Datum/Indiz für die Existenz vor Ort betrachten. Denn in jenem Jahr wird Albrecht I. von Habsburg Römischer König. Dieser hat dann ein paarr Jahre später im sog. «Habsburger Urbar» alle seine abgaben- und steuerpflichtigen Untertanengebiete aufzeichnen lassen. Und da figuriert eben auch das «Oberndorff» – neben Art, Goldau, Röthen, Buosigen und Gengigen. Dieses Oberdorf – eben Oberarth – war offenbar der Mittelpunkt des Reichsho-fes, welcher der habsburgischen Krone abgabepflichtig war. Die Tradition erzählt denn auch, dass einst unter der Linde «bei der Burg» Recht gesprochen wurde. Dr. Karl Zay sagt in sei-nem Schuttbuch von 1806, dass man die Stelle noch kennt, wo das Hochgericht und der Galgen gestanden hat.

Was will ich Ihnen eigentlich in dieser halben Stunde sagen?
Euch einladen, einen kleinen geschichtlichen Spaziergang durch die 7 Jahrhunderte zu ma-chen. Nicht eine gelehrte lange Abhandlung, sondern einfach ein paar Rosinen aus dem Geburtstagskuchen herauspicken.

Die Einteilung in Jahrhunderte ist zwar fragwürdig.

Erstens, weil das Jahrhundert, in das 1298 fällt, für Oberarth kaum 3 Jahre gedauert haben soll – falls Oberarth nicht vorher schon existiert hat. Aber sonst fällt ja der Anlass unseres heutigen Festes gleich weg.

Zweitens, weil bei unserem Spaziergang die angesprochenen Ereignisse meist auf das Ende dieser Jahrhunderte fallen und ihre Auswirkungen erst im folgenden Jahrhundert hatten.
Welchem Jahrhundert soll ich den jenen Hospenthal zuordnen, der um 1499 in der Schlacht bei Frastanz gelobt haben soll, wenn er lebendig aus der Schlacht nach Hause – also Oberarth – zurückkehren würde, wolle er ein schönes Kruzifix, etwa ein Wegkreuz, stiften – dieses aber erst 1505, also im folgenden Jahrhundert tun konnte?

Vielleicht sind die Oberarther da und dort etwas Spätzünder – ich spreche nicht von Oberartherinnen! – aber deswegen sind doch beide Geschlechter nicht weniger liebenswert!

13. Jahrhundert

Wer von uns kennt denn nicht das wichtigste patriotische Datum von 1291? Ein ewiges Datum!

Kurz darauf folgt nun eben das schicksalshafte Jahr 1298. Somit dürfen wir Oberarth mit Fug und Recht als die erste Tochter der jungen Eidgenossenschaft betrachten. Warum nicht? Jedenfalls ist sie eine Tochter aus gutem Haus, sonst wäre sie nicht – gleich schon als Säugling – zu Steuerabgaben an die Habsburger verpflichtet worden.

Und offensichtlich eine so vielversprechende Tochter, dass man sie ein paar Jahre später schon ganz gehörig schützen musste – nicht mit einem Laufgitter, sondern mit einer kräftigen Letzimauer! Das aber ereignete sich erst im 14. Jahrhundert, welches 3 Jahre später begann.

14. Jahrhundert

Das 14. Jahrhundert ist für Oberarth (wie auch für seine Nachbarn) das Jahrhundert der Pionierzeit. Hier haben sie sich zu einer Schicksalsgemeinschaft zusammengetan. Sie haben ihre neu errungene Freiheit wie Löwen verteidigt. Eben mit Letzimauern.

Nun gibt es allerdings Historiker, die uns – nicht ohne gute Gründe – weismachen, dass diese Letzenen zwar interessante wehrtechnische Anlagen waren, aber eher nicht so sehr dem Schutz vor habsburgischen Angriffen diente, sondern eher das Wegtreiben von Vieh-herden erschweren wollten. Unser gutes Braunvieh wird von habsburgischen Untertanen im Voralpengebiet einfach geklaut! Dass erinnert mich stark an afrikanische Verhältnisse, wo der Viehklau zur Tages- oder vor allem Nacht-Ordnung gehört!

Nun, die Letzi von Oberarth gehört zu den besterhaltenen Wehrmauern aus der Zeit der Bundesgründung. Nur würde es Oberarth – Entschuldigung, der Gemeinde Arth! – wohl anstehen, sie etwas besser zu konservieren. Dies nicht nur, um uns vor erneuten habsburgischen Überfällen zu schützen, sondern um sie als Kulturgut von nationaler Bedeutung ernst zu nehmen. Dies würde denn auch besser zur Beschreibung eines neuesten deutschen Reiseführers passen, der von «Oberarth, einer Urschweizer Stadt am Zugersee» spricht. Das wäre doch was: «Die mittelalterliche Stadtmauer von Oberarth!» Das wäre eine feine Aufgabe für den Einwohnerverein oder gar die Offiziersgesellschaft, den Gralshütern unserer Wehrbereitschaft!

15. Jahrhundert

Das 15. Jahrhundert könnte man überschreiben: Oberarther Dorflüth und Chriesi.

Im Jahr 1490 – also noch 2 Jahre vor der Entdeckung Amerikas – werden in einer Gült die «Oberarther Dorflüth» erwähnt. (Übrigens wäre der Begriff «Dorflüth» eine gendersprachlich angenehmere Formulierung als «Oberartherinnen und Oberarther»!!!).

Von diesen Dorflüth spannt sich der Bogen bis zur heutigen Feuerwehr. Die Dorflüth sorgten nämlich nicht nur für das gute Trinkwasser am Dorfbrunnen, sondern auch für das Lösch-wasser im Falle von Feuersbrünsten. Die Brunnengenossenschaft wird so folgerichtig zur Feuerwache und zur Feuerwehr.

Etwas branchenfremd – aber daher nicht weniger sympathisch – wirkt der theaterspielende Arm der Oberarther Feuerwehr, der unter dem schicken Namen «der dramatische Club» Schlagzeilen machte.

Aus dem 15. Jahrhundert aber stammt nicht nur der Begriff der «Oberarther Dorflüth», sondern auch deren wichtigster Bodenschatz: Chriesi! Erstmals sind bei uns hierzulande Kirchbäume anzutreffen. Noch sind sie Gemeingut für Reich und Arm zugleich, beiden gleicherweise zugänglich. Erst 100 Jahre später, um 1530, erlässt der Schwyzer Landrat ein Gesetz, wonach der Bauer seinen Chriesbaum entsprechend bezeichnen muss, wenn er nicht will, das die Chriesi als Allgemeingut gelten. Dann aber würde das bisherige Gratis-Pflücken als Diebstahl zu ahnden sein. Wer aber von einem bezeichneten Baum trotzdem Kirschen nimmt, wird des Diebstahls überführt – es sei denn. Er zahle auf der Stelle bares Geld!

Noch aber ist das 15. Jahrhundert nicht zu Ende. Wir zählen erst das Jahr 1466. Mitten aus dem friedliebenden Oberarth wird ein ehrbarer Mann, von Reding mit Namen, von einem Habsburger meuchlings ermordet. Seine hinterlassene Witwe und Söhne wollen gleich eine Sühnekapelle errichten. Dafür scheuen sie sich nicht, nach Rom zu pilgern, um von ei-nem Kardinal eine päpstliche Genehmigung für das fromme Vorhaben zu erhalten. Im Jahre 1469 wird die Kapelle vom Konstanzer Weihbischof feierlich eingeweiht, als dieser auf dem Weg in den Ranft war, um das Wunderfasten des Bruder Klaus zu prüfen.

Nun aber handelt es sich beim erwähnten Ermordeten um keinen zimperlichen Kerl. Er erhielt den mehr furcht- als ehrfurchtgebietenden Namen der «Eisenkopf von Greifensee». Im Alten Zürichkrieg wurde die Feste Greifensee von den Schwyzern erobert. Ihr Anführer, Ital Reding der Jüngere, wohnhaft gewesen in Oberarth, liess die ganze zürcherische Besatzung hinrichten und geruhte, dem schauerlichen Schauspiel höchstderoselbt zuzuschauen. Als der Scharfrichter beim zehnten Mann zauderte, wurde er von Reding belehrt: «Beÿ uns gilt nicht Kaiserrecht, beÿ uns gilt Landrecht. Plaudere nicht!» – Also, mach bitte weiter! Der Fortgang des Geschehens forderte nicht nur Blut, sondern auch Zeit. Es wurde Nacht, Fackeln wurden angezündet, aber nach dem 60sten Mann habe der Reding die Blutstätte verlassen. Der Scharrichter liess sein Schwert fallen – die restlichen Mannen blieben so am Leben.

Immerhin verdanken wir dem Mord am Eisenkopf von Greifensee ein architektonisches Kleinod im Oberdorf, das seinesgleichen in der Innerschweiz sucht. Und wir verdanken ihm auch noch einen Ablass aus dem Jahr 1473, mit welchem gleich fünf römische Kardinäle den Oberdörflern je 100 Tage Ablass von zeitlichen Sündenstrafen gewährten – worunter wohl vieles fällt, was heute von staatlicher Warte aus geahndet würde.

16. Jahrhundert

Das 16. Jahrhundert ist gemeiniglich als Zeitalter der Reformation bekannt.

In Arth hatten wir einen Pfarrer, der ein persönlicher Freund Huldrych Zwinglis in Zürich war. Dieser kam 1520 ins Arther Pfarrhaus, um an den Bischof von Konstanz und an die Eidgenossenschaft Bittschriften um freie Verkündigung des Wortes Gottes (der Bibel) und die Erlaubnis der Priesterehe zu verlangen.

Mit dem Pfarrer ist nicht alles so glücklich verlaufen. Jedenfalls musste besagter Pfarrer Balthasar Trachsel seine anvertrauten Schäfchen bei Nacht und Nebel verlassen. Die Saat des reformatorischen Kirchenverständnisses blieb zwar nicht fruchtlos – aber weitgehend erfolglos.

Nur müssten wir da eigentlich kurz ins 17. Jahrhundert vorgreifen. Die sich anbahnenden Konfliktherde sind uns bekannt: Arther Hummelhandel, Flucht der Nikodemiten nach Zürich, Todesurteile für mindestens vier aus unseren Reihen. Ich komme gleich nochmals darauf zurück. Hier möchte ich lieber noch eine Rosine aus dem Geburtstagskuchen herauspicken, die weniger bekannt, aber ebenso wichtig ist. Sie führt uns dann direkt ins 17. Jahrhundert hinein.

Aus der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts stammt etwas, das eigentlich zu den wichtigsten einheitsstiftenden Faktoren unserer Gemeinde gehört. Etwas, das wenige sonst aufzuweisen haben. Die meisten sind zufrieden, wenn sie einen Herrgott haben. Die Oberarther aber haben einen «Grossen Herrgott» – im übrigen 1 Meter 95 Centimeter hoch! Was hat es aber mit diesem Grossen Herrgott auf sich?

Ein Hospenthal – einer unserer nicht wenigen Haudegen – war wieder einmal auf kriegerischer Expedition. Diesmal im Vorarlberg, nämlich in Frastanz. Als es heiss und kritisch wur-de, gelobte er, «ein Kruzifix in Lebensgrösse machen zu lassen und öffentlich aufzustellen, falls er dem Tode entrinne»! Nach seiner glücklichen Heimkehr aus der siegreichen Schlacht hielt er getreulich sein Wort. Bis vor 100 Jahren hing der Grosse Herrgott beim ehemaligen Letzimauer-Durchgang – eben dem Türli – an der Felswand unterhalb der heutigen Refor-mierten Kirche. Wichtig daran ist: Jeder Mann zog hier seinen Hut, um dem Allmächtigen die Reverenz zu erweisen. Das war genauso wichtig, wie beim Eintritt in die Kirche seine Kopfbedeckung abzunehmen. Als die Nikodemiten – also die so genannten Neugläubigen – sich immer mehr gegen alles Katholische aufzulehnen begannen, hielten sie auch das Hut-Lüpfen beim Grossen Herrgott für völlig überflüssig. Damit aber beschworen sie einen Skandal herauf, der letztlich politisch wurde. Der Schwyzer Landrat hielt stärker an die saubere, reine Unterscheidung zwischen Katholisch und Reformatorisch, als die Geistlichkeit und der Grossteil der Bevölkerung. Gutgesinnte Nachbarn rieten den Neugläubigen, wenigs-tens vor dem Grossen Herrgott den Hut zu ziehen – der Rest sei weniger wichtig!

17. Jahrhundert

Unmerklich sind wir damit ins 17. Jahrhundert hineingerutscht und damit näher zu den be-herrschenden Ereignissen: Nikodemiten und Arther Handel. Der Schwyzer Landrat machte Ernst mit seinem angedrohten Vorgehen gegen die Abtrünnigen von Arth: sie sollten nach Schwyz abgeführt und abgeurteilt werden. Allerding kamen die Landjäger um wenige Stun-den zu spät. In der Nacht zuvor sind nämlich etwa vier Dutzend Leute von Arth, meist Angehörige von einigen religiös etwas anspruchsvolleren Familien. Die Schergen fanden bloss vier Leute (drei Männer und eine Frau), die ganz bewusst sich nicht auf die Flucht begeben wollten Der eine sagte: «Man hat mir vor Jahren schon wegen meiner religiösen Überzeugung Ehr und Wehr genommen – jetzt nehmt mir doch auch noch das Leben!» Er wurde noch vor Weihnachten 1656 auf die Weidhuob, die Schwyzer Hinrichtungsstätte, geführt. Mit ihm schritt auch die Barbara von Hospenthal auf den Richtplatz. Als sie in Oberarth an einer Gruppe verstört dreinschauenden Kindern vorbeigeführt wurde, die ihr das Mitleid bezeugen wollten, antwortete sie: «Ihr meine lieben Kinder, das ist der rechte Weg ins ewige Leben!»

Das Jahr 1656 ist auch das Jahr, in welchem die Kapuziner nach Arth berufen wurden. Und in Oberarth wurde ein stolzer neuer Bau aufgerichtet, der allen wohl bekannt ist: Die alte Mühle. Früher hatte das Haus drei Mühlenräder. Allerlei wurde da verarbeitet. Fast 200 Jahre lang bestand auch eine Bäckerei. Früher hatte sie jeden Tag geöffnet bis halb Acht Uhr; am Sonntag war sie 4 Stunden offen. Und wer kennt unter den zahlreichen Kupfersti-chen, die im 19. Jahrhundert so populär waren, nicht das Blatt mit dem Namen «Parthie am Bergsturz von Goldau» – es zeigt die Oberarther Mühle. Auf dem Stich sind auch Kastanienbäume erkennbar. Und wirklich: dieses grosse Haus ist wirklich mit Kastanienholz gebaut worden. Entschuldigung – das war ein schneller Vorgriff aufs 19. Jahrhundert. Kehren wir das Rad noch einmal zurück.

18. Jahrhundert

Die Oberarther machten sich im Allgemeinen nicht so viel von sich reden. Sie lebten ruhig, bezahlten ihre Steuern und Abgaben, halfen fremde Fötzel aus dem Land werfen, zogen als Reisläufer in fremde Kriegsdienst, gelangten bis in die Schweizergarde nach Rom und dien-ten auch dem berühmten Napoleon Bonaparte. Es war allerdings für uns alle nicht eitel Freude, als Napoleon seine Truppen in unsere Heimat schickte – der Devise «Freiheit – Gleichheit – Brüderlichkeit» zum Trotz. Aber immerhin reden sich die Leute in Paris und anderswo zum ersten Mal mit Bürger und Bürgerin – und nicht mehr mit Gnädiger Herr oder Ihro Hochwohlgeboren. Solche gab es auch in unserer demokratisch sich gebenden Innerschweiz. Dass die Gnädigen Herren von Schwyz eher Recht denn Gnade walten liessen, haben wir in unserem Tal seit 1656 nicht vergessen. Selbst der Gnädigen Herr, der Bischof von Konstanz, hat zusammen mit den Hochwürdigen Pfarrherren unserer Heimat die Schwyzer Gnädigen um Gnade mit den Nikodemiten gebeten – umsonst!

19. Jahrhundert

Mit der Parole «Freiheit – Gleichheit – Brüderlichkeit» hat das 19. Jahrhundert auch bei uns angehoben. Aber so eitel Freude war das auch wieder nicht. Die Besetzung durch die napoleonischen Truppen hat den Hass geschürt und der zweifelsohne richtigen Parole den Riegel geschoben.

Unsere Gemeinde hatte ohnehin tragischere Ereignisse zu verkraften: 1806 brachte der Bergsturz unsägliches Unglück übers Tal, über Familien und Gesellschaft. Und als ob des Schicksals nicht genug gewaltet hätte: 1817-1818 kamen die Hungerjahre und liessen hunderte von Familien an Leib und Seele verarmen. Eine, zwei, ja fast drei verlorene Generationen dauerte es, bis ein Entwicklungs-Schub eine bessere Zukunft ahnen liess. Die Industrialisierung.

Wo aber hob die Industrialisierung in unserer Gemeinde an? Natürlich in Oberarth. Nicht erst mit der Fabrik in den 1890er Jahren. Schon um 1848 gibt es in Oberarth eine sogenannte Posamenterie, welche Besätze und Borten, Kordeln und Schnüre herstellte.

Dann begann auch die hohe Zeit der Schnapsbrennerei. 1856 brachte Gottfried Fassbind aus Paris die Goldmedaille nach Hause, die ihm Napoleon III persönlich in die Hand drückte.

Übrigens war dieser Gottfried Fassbind auch der erste Präsident der Schwyzer Kantonal-bank. Er unterschrieb die Banknoten eigenhändig in seinem Büro, worauf er diese auf die Fensterbank zum Trocknen der Tinte legte. Nur musste er auf der Hut sein, dass der Föhn oder Wester die kostbaren Blätter nicht fortwehte, sonst hätte es auf dem Dorfplatz bald einen Volksauflauf gegeben…

Zum 19. Jahrhundert gehört aber auch die Bahngeschichte. Am 15. Januar 1875 erlebte Oberarth die erste Probefahrt der Talbahn. Am 4. Juni 1875 wurde sie eröffnet.

Pro Tag verkehrten 3 Zugspaare:

  • Fahrt von Arth nach Goldau: 30 Rp. einfach / 50 Rp. retour
  • Fahrt von Oberarth nach Goldau; 20 Rp. einfach / 30 Rp. retour

Und selbstverständlich schliesslich ist Oberarth auch der ursprüngliche Ausgangspunkt der Rigi-Bahn!

Stark mit der Entwicklung von Oberarth verbunden ist jedoch die Fabrik. Stehli-Seide be-herrschte die Wirtschaft im Oberdörfli. Goldene Zeiten begannen. Oberartherinnen gingen in Seidenkleidern einher. Im Lädeli zahlte man mit Gold-Dübeli. So sagt man wenigstens. Aber einen belegten Luxus gab es doch: alle 14 Tage durften den Fabrikarbeiterinnen und Fabrikarbeitern in der Fabrik gratis und franco in die Badewanne steigen! Allzu lange hielt diese Idylle zwar nicht. In den Dreissigerjahren des 20. Jahrhunderts ereilte die Fabrik Nie-dergang und Ruin.

Baden aber ist in Oberarth heute noch Tradition – nicht in den Badewannen der Fabrik, sondern in denen von Schmidlin. Sie sind heute ein Schweizerischer Markenbegriff und auch nicht mehr aus dem Dorf und aus unsern eigenen Wohnungen wegzudenken.

20. Jahrhundert

Das 20. Jahrhundert beginnt in Oberarth mit einem ökumenischen Ereignis: Das Oberdörfli erhält eine Kirche! Hoch oben auf dem Nagelfluh-Sporn erhebt sich das protestantische Gotteshaus, das unsern evangelisch-reformierten Mitchristen als Ort des Gottesdienstes und der Begegnung dient.

Der Stil der Zeit prägt das Gotteshaus: Neugotik, anknüpfend an die hohe Glaubenszeit des Mittelalters. Zwar ist Neugotik nicht jedermanns Sache. Ein zünftiger Kulturhistoriker mein-te einmal, «das Holz für den Innenausbau dieser Kirche dient besser dazu, Kaffi zu machen». Hoppla, aber dieser wird sein eigenes Heim wohl kaum mit Ziegel-Mugerli ausstaffiert haben. Und wohl kaum je in dieser Kirche einen Gottesdienst mitgefeiert haben. Ich persönlich empfinde den Sakralraum wirklich als eine heimelige Stube, wo wir uns auch in ökumenischer Gastfreundschaft – nicht nur beim Oberarther Chilbi-Gottesdienst – begegnen können. Schliesslich brauchen die Oberdörfler nicht nur einen eigenen Präsidenten, sondern auch einen eigenen Pfarrer!

Übrigens sind seit den 1960er-Jahren, also seit der Renovation der gegenüber-unter liegenden Marienkapelle, auch die katholischen Glöcklein auf C gestimmt – auf C, und keinen Buchstaben mehr!

Abschluss

Dem 21. Jahrhundert kann und will ich nicht vorgreifen. Es liegt an Euch, diese Zeit tatkräftig mitzugestalten. Ich danke für Eure Aufmerksamkeit.

Walter Eigel

Dieser Text entspricht meiner Ansprache anlässlich der festlichen Jubiläumsveranstaltung 1998.