Kabale und Liebe
Natürlich ist es nicht in Ordnung, wenn ein Mann sich so vergisst, wenn die Leidenschaft erkaltet, dass er vom Staatsanwalt zur Räson gebracht werden muss. Und doch frage ich mich, wie Protokolle, die unter das Berufs- und Justizgeheimis fallen so leicht öffentlich werden können. Was ist mit der sprichwörtlichen Schweizer Diskretion, der Verschwiegenheit unserer Amtsstuben? Was bezwecken die Drahtzieher dieses Coups? Wozu die sorgfältig inszenierte Treibjagd? Am Ende wird es, menschlich gesehen, nur Verlierer geben. Momentan wird hinter den Kulissen noch diese oder jene Strippe gezogen, doch der Ausgang des mittsommerlichen Dramoletts steht wohl fest. In ein paar Wochen wird die Nation jedes Interesse an Herrn Nef verloren haben, bereits jetzt kümmert sich kaum noch jemand um den angeschossenen Wolf, der blutend davonhinkt.
Er lässt sein Rudel führerlos zurück, während Samuel Schmid sich in die schützende Höhle des Gesamtbundesrates zurückzieht. Souverän hat der Berner die Sache nicht gerade gehandhabt. Auch in der Privatindustrie machen Top Shots Fehler, im Gegenteil zum Magistraten müssen sie aber die Konsequenzen zahlen, manchmal zwar (fast zu) spät, aber immerhin. Da gibt’s nämlich funktionierende Korrektive – der Markt, der Aktienkurs, die GV – und sie verteilen unbarmherzig Zensuren.
Note ungenügend?
Jeder Headhunter weiss, dass bei Spitzenpositionen nicht nur das Fachkönnen zählt. Entscheidungsfähigkeit, Umsicht, menschliches Format, Fleiss und 100% Engagement sind genauso wichtig. Dafür werden sie schliesslich fürstlich bezahlt. Hat sich der VBS-Vorsteher wenigstens in den Leistungsfächern bewährt? Den geladenen Journalisten kam er zuvor und verlas sein Zeugnis gleich selber: „Handlungsfähig“ sei er, und daher stelle sich die Frage nach seinem Rücktritt nicht, erklärte er stoisch an der eilends anberaumten Pressekonferenz.
Die „Akte Nef“ wurde durch alte Ressentimens vergiftet. Viele griffen den Korpskommandanten an, meinten aber die übergeordnete Dienststelle, ja sogar die Armee als solche. Es ist aber schlicht unfair, die eigene, persönlich motivierte Abneigung gegen die Institution nun am Chef auszulassen, eine Haltung, die sich in zahlreichen Kommentaren spiegelt, bei Politikern wie „Zivilisten“. Solange das Militär existiert muss sein Betrieb garantiert werden. Dazu braucht es Leute, die ihren Job aus Überzeugung und mit der nötigen Erfahrung bestmöglich erledigen. Armee ja oder nein, das steht hier nicht zur Debatte: wir streiten im Flugzeug ja auch nicht darüber, ob wir nicht doch lieber mit dem Velo in die Ferien fahren sollten und werfen den Pilot aus dem Cockpit…
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