Ein Interview mit Florian Grossmann, Leiter Information, Kantonspolizei Schwyz.
Die CVP Arth-Oberarth-Goldau wollte von der Kantonspolizei Schwyz kurz und bündig wissen, was sie vom Schengener Abkommen hält. Folgende Fragen wurden gestellt: Was spricht dafür? Gibt es einen Sicherheitsverlust für die Schweiz? Was bringt das Schengener Informationssystem (SIS)? Genügt das bestehende Fahndungsmittel «Interpol»? Florian Grossmann, Leiter Information, Kantonspolizei Schwyz, hat diese Fragen für die Schwyzer Kantonspolizei beantwortet.
Welche Gründe sprechen aus polizeilicher Sicht für ein JA zum Polizei- und Asylabkommen «Schengen/Dublin»?
Die Kriminalität ist längst global und international. Sie muss deshalb grenzübergreifend bekämpft werden. Das Schengener Übereinkommen erleichtert die internationale Zusammenarbeit und schafft verbesserte Voraussetzungen für die erfolgreiche Polizeiarbeit. Mit dem Schengener Informationssystem (SIS) wird ein einheitlicher Fahndungsraum geschaffen. Die Polizei kann zudem die erhobenen Daten für die gerichtspolizeilichen Akten verwenden, was bis anhin nicht möglich war. Bei einem Schengen-Nein würde die Schweiz zu einem Schlupfloch für Kriminelle. Der Beitritt stärkt die Schweizer Polizei und erhöht die Sicherheit im ganzen Land.
Das Abkommen gibt der Polizei die Möglichkeit zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, welche mit dem raschen Tempo und der Mobilität mithalten können. Eine enge Zusammenarbeit unter den Behörden über nationale Grenzen hinweg ist unverzichtbar.
Bringt Schengen einen Sicherheitsverlust für die Bevölkerung der Schweiz?
An der Grenze wird sich gegenüber heute nichts ändern. Das Grenzwachtkorps übt seinen Auftrag im Rahmen seiner personellen Möglichkeiten durch. An eine lückenlose Kontrolle ist nicht zu denken. Heute schon führt es beim Grossteil des Verkehrs nach einer ersten visuellen Vorkontrolle nur Stichproben durch. Bei rund 2-3 Prozent aller Grenzübertritte ergeben sich nach der visuellen Kontrolle umfassende Kontrollen. Mit der Annahme von Schengen/Dublin wird sich an der Grenze nichts ändern. Auch nach dem Beitritt hat das Grenzwachtkorps die Möglichkeit im Verdachtsmoment eine Fahrzeug- und Personenkontrolle durchzuführen. Es dürfen nur keine systematischen Kontrollen mehr erfolgen. Da die Schweiz nicht der Zollunion angehört, werden die Waren- und damit verbunden auch Personenkontrollen weiterhin möglich. Die Zollbehörden bleiben demzufolge weiterhin an der Grenze stationiert und werden bei Warenkontrollen weiterhin nach Waffen, Drogen und Diebesgut suchen.
Durch den Beitritt zu Schengen erhält die Schweiz eine Reihe effizienter Instrumente gegen die global operierende Kriminalität. Ich denke dabei in erster Linie an das Computer-gestützte Fahndungssystem SIS (Schengener Informationssystem). Schengen ermöglicht es, uns von einer mehrfachen Filtrierung zu sprechen:
- verbesserte Kontrollen bei Visaerteilung im Ausland (Konsultation SIS)
- verschärfte Schengen-Aussenkontrolle
- verstärkte mobile Kontrollen im Landesinnern
- verstärkte polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit
Welche Vorteile bringt das Schengener Abkommen resp. das Schengener Informations-system (SIS) der Kantonspolizei Schwyz?
Ein Vorteil besteht darin, dass voraussichtlich ab 2007 Fahndungsdaten aus 27 Ländern mit einem Knopfdruck abrufbar sind. Gesuchte Personen, Fahrzeuge oder Gegenstände werden sofort ins System eingegeben, was die freie Bewegung von Kriminellen erschwert. Rasch verfügbare Fahndungsdaten führen zu mehr Fahndungserfolgen auch im Kanton Schwyz. Je schneller der einzelne Schwyzer Polizist bei der täglichen Arbeit über Fahndungsdaten verfügt, desto schwieriger wird es für eine gesuchte Person, im europäischen Fahndungsraum unerkannt zu bleiben. Das Schengener Informationssystem ist zudem ein Quantensprung in der internationalen Fahndungsarbeit.
Der Beitritt zu Schengen/Dublin spannt das Netz der Migrationsströme sowie der modernen globalen Kriminalitätsbekämpfung enger zusammen. Das SIS II, welches im 2007 in Betrieb genommen wird, erhöht die innere Sicherheit weiter und bringt nochmals einen Quantensprung in der europäischen Fahndungsarbeit.
Genügt das bereits vorhandene Fahndungsmittel «Interpol» nicht für eine moderne Kriminalitätsbekämpfung?
Interpol wird verschiedentlich als gutes Fahndungsmittel angepriesen. Da die Schengenländer nicht oder nur noch ganz selten auf dieses Fahndungssystem zurückgreifen, enthält dieses nicht die aktuellen Fahndungsdaten. Auch ist es viel zu träge, um ein probates Mittel für die moderne Kriminalitätsbekämpfung zu sein. Bei dringenden Fahndungen wie Kapitalverbrechen, Kindsentführungen, Menschenhandel usw. ist im SIS eine Ausschreibung innert einer Stunde möglich. Interpol benötigt dazu ein Mehrfaches an Stunden. Stunden, die unter Umständen über Leben und Tod entscheiden. Bei der mobilen, grenzüberschreitenden Kriminalität braucht die Polizei ein schnelles und aktuelles Fahndungssystem.
Herzlichen Dank für das Interview.