von Anton Eberhard, CVP-Nationalrat, Merlischachen (SZ)
Wie im gesamten Agrarsektor soll auch beim Getreide der freie Markt spielen. Eingriffe des Bundes werden schrittweise abgeschafft.
Bei der Volksabstimmung am 29. November 98 zum Getreideartikel geht es darum, den bisher staatlich durchregulierten inländischen Getreidemarkt zu liberalisieren. Mit dem neuen Getreideartikel, der als Übergangslösung nur bis zum Jahr 2003 in Kraft bleibt, sollte der Übergang in eine freie Marktordnung für die Betroffenen verkraftbar sein.
Stimmen Volk und Stände der Verfassungsänderung zu, so gilt im Getreidemarkt spätestens ab dem 1. Januar 2004 grundsätzlich der freie Markt, als einziger Staatseingriff bleibt ein WTO-konformer Grenzschutz. Preise, Mengen, Sorten und Qualitäten sollen durch Angebot und Nachfrage bestimmt werden und nicht mehr wie heute durch den Staat.
Bisher hatte die Verfassung den Bund aus Gründen der Ernährungssicherheit verpflichtet, den Anbau, die Verarbeitung und die Vorratshaltung von Brotgetreide sicherzustellen. Solche drastischen Markteingriffe sind nicht mehr nötig, weil die Schweizer Bauern heute weit mehr Brotgetreide produzieren als im Inland benötigt wird.
In der Übergangsphase senkt der Bund die Preise in drei Schritten bis zum Jahr 2003. Heute bezahlt er rund 90 Franken pro hundert Kilogramm Brotgetreide. Nach drei Jahren wird das Preisniveau jenem des Auslandes angepasst sein, nämlich noch rund 60 Franken pro hundert Kilogramm. Dadurch stellt der Bund sicher, dass im Jahr 2003 der freie Markt definitiv eingeführt, der inländische Preis nicht zu hoch und die Wettbewerbsfähigkeit nicht gefährdet ist. Mit den Direktzahlungen sollte es in guten Lagen für die Getreideproduzenten möglich sein, die Einkommensverluste aufzufangen.
Die Preissenkungen kommen tendenziell schließlich den Konsumentinnen und Konsumenten zugute, weil Brot und andere Nahrungsmittel wie Fleisch billiger werden. Massiv dürften die Preisnachlässe allerdings nicht ausfallen. Beim Brot beispielsweise machen die Getreidekosten nur rund 14 Prozent des Konsumentenpreises aus.
Für die Landwirtschaft sind die voraussichtlichen Folgen unterschiedlich. Die Getreideproduzenten müssen mit Einnahmeeinbussen und dem Verlust von Marktanteilen im Inland rechnen. Die Produzenten geraten dadurch unter einen verstärkten Rationalisierungsdruck. Die Getreideproduktion in der Schweiz dürfte insgesamt reduziert werden und sich schwergewichtig aus dem Berg- und Hügelgebiet in die eigentlichen Ackerbauregionen zurückziehen. Als Tierproduzenten werden die Bauern dagegen von der Reform tendenziell profitieren, da die sinkenden Futtermittelpreise die Produktionskosten senken helfen. Mit wenig Begeisterung hat die Landwirtschaftskammer des Schweizerischen Bauernverbandes die Ja Parole beschlossen, man ist aber überzeugt, dass wie im übrigen Agrarbereich, auch im Getreidesektor die eingeleiteten Reformen zu Ende zu führen sind.