Seit dem Start des Wiederansiedlungsprojektes sind 137 Bartgeier ausgewildert worden. Fünf davon stammen vom Tierpark Goldau.
Von Erhard Gick
Am kommenden 11. Juni werden im Schweizer Nationalpark wieder zwei junge Bartgeier ausgewildert. Folio und Natura heissen die beiden. Folio stammt aus der Zucht des Tierparks Goldau, Natura aus La Garenne, der zweiten Schweizer Zuchtstation. Gestern war ein besonderes Ereignis im Tierpark Goldau. Die beiden Jungvögel wurden mit einem speziellen Ortungssystem ausgerüstet.
Erstmals in der Schweiz wird bei der jüngsten Auswilderung von Bartgeiern Satellitentechnologie zum Einsatz kommen. Die beiden jungen Bartgeier werden mit einem kleinen Sender ausgestattet. Dank diesem Peilsender können die beiden Bartgeier jederzeit geortet werden. «Wir versprechen uns von dieser Satellitenortung wertvolle wissenschaftliche Erkenntnisse über die räumliche Nutzung, das Territorium des Bartgeiers, über seinen Wohnraum, den er beziehen wird und über die Populationsdynamik, die der Vogel im Laufe der Jahre entwickeln wird», sagte gestern Daniel Hegglin, Projektleiter Bartgeier unterwegs.
Sender in Goldau getestet
Der Tierpark Goldau verfügt über Europas grösstes Gehege für die Bartgeieraufzucht. Das hat mitunter für die Auswilderung gewaltige Vorteile ergeben. «Dank den grosszügigen Volieren in der Zuchtstation konnte der Natur- und Tierpark Goldau zusammen mit Fachleuten in den letzten beiden Jahren Versuche zur Satellitentelemetrie unternehmen», erklärte Chaspar Buchli, Geschäftsführer der Stiftung Pro Bartgeier.
Namentlich waren Daniel Hegglin (Bartgeier unterwegs) und Silvan Aebischer mit diesem Projekt, zusammen mit den Mitarbeitern des Tierparks, beschäftigt. Jede Vogelart stelle andere Ansprüche an die Senderbefestigung und diese seien vorgängig genau abzuklären, erklärte Daniel Hegglin gestern in Goldau. Denn der Verlust eines Bartgeiers, ausgelöst durch falsche Handhabung der technischen Hilfsmittel, wäre fatal. «Wir können aber beruhigt festhalten, dass die Anbringung des Senders dem Tier keinerlei Nachteile verschafft», so Hegglin weiter.
Laufende Entwicklung
Im Tierpark Goldau wurde 1995, also genau vor zehn Jahren, die Schauvoliere eröffnet. Damit begann das grosse Engagement des Zentralschweizer Zoos für das Bartgeierprogramm. Im Jahre 1998 folgten die Eröffnung der ersten permanenten Ausstellung für das Projekt zur Wiederansiedlung des Bartgeiers im Alpenraum sowie die Einweihung der Schweizer Zuchtstation im Ausbaugelände Grosswiyer. Seit diesem Jahr leben drei Bartgeierpaare in Goldau. 2005 wurde die total erneuerte Bartgeierausstellung eröffnet. «Über 3,5 Millionen Besucher konnten sich in den vergangenen Jahren dank der Ausstellung und den in Goldau lebenden Vögeln über die Bartgeier informieren. Diese grosse Aufklärungsarbeit unterstreicht die Bedeutung, welche die Zoos bei Wiederansiedlungs- und Arterhaltungsprogrammen haben», unterstrich Tierpark-Direktor Felix Weber gestern die Erfolgsgeschichte in Goldau.
Der Tierpark Goldau investiere jährlich rund 100 000 Franken in die Bartgeieraufzucht, sagte Felix Weber weiter.
Neu ein Bartgeierspiel
Jugendliche können den Flug des Bartgeiers dank der modernen Satellitentechnologie nicht nur im Internet mitverfolgen. Im Internet ist nach erfolgreichem Beta-Test seit gestern auf der Homepage www.bartgeier.ch ein Bartgeierspiel verfügbar. Dieses kann per Download auf den heimischen PC geladen werden. Es ist keines der üblichen Ballerspiele, sondern vermittelt auf interessante Art Wissen aus dem Leben des Bartgeiers verbunden mit guter spielerischer Unterhaltung.
Weitere Informationen zum Bartgeier unter www.tierpark.ch oder www.bartgeier.ch
Bartgeier ist kein Räuber
Der Bartgeier lebt vornehmlich im Gebirge und er soll im gesamten Alpenraum wieder ausgewildert und heimisch werden. Der Bartgeier ist kein Räuber (im Gegensatz zum ebenfalls geschützten Steinadler), er tötet also keine Tiere, er ist ein Aas- und Knochenfresser.
80 Prozent seiner Nahrung bestehen aus Knochen. Das Gewicht eines ausgewachsenen Tieres beträgt zwischen fünf und sieben Kilogramm. Ein Bartgeier hat eine Flügelspannweite von 2,7 bis 2,9 Meter. Die Paarungszeit ist November und Dezember. Ihre Eier legen die Vögel im Dezember bis Februar. Meist sind es ein bis drei Eier. Es wird davon nur ein Junges aufgezogen. Die Brutzeit beträgt bis 58 Tage. Nach 11 bis 120 Tagen sind die Jungvögel flügge.
Nach fünf bis sieben Jahren sind Bartgeier geschlechtsreif. Im Alpenraum sind dieses Jahr sieben Bartgeierbrutgehege in freier Wildbahn beobachtet worden.
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