BEGEGNUNGEN

Jacqueline und Joe Gehringer sind eine Institution im Dörfli. Am Montag endete die Chilbi-Karriere. In Zukunft wollen die beiden mehr Zeit für sich haben.

Jürg Auf der Maur, Bote der Urschweiz, 15.09.2022

Die Oberarther Chilbi ist klein. Gerade auch für Heimweh-Oberarther hat sie aber einen fixen Platz in der Jahresplanung. Das zeigte sich auch am vergangenen Wochenende wieder, wo nicht nur das Karussell, sondern auch verschiedene Stände Chilbisachen feil boten und das Publikum anzogen.

Einen ganz besonderen Stand betreuten Jacqueline und Joe Gehringer. Ihr Angebot war ein liebevoll gestalteter kleiner Flohmarkt, der von EVZ-Fanartikeln, Skiern oder Jacken bis hin zu Babyfinkli schlicht alles zum Kauf bereitstellte, was sich Besucherinnen und Besucher vorstellen konnten. Zudem wurden – für Erwachsene – auch selber gebrannte Produkte feil gehalten. Die Freude war jeweils riesig, wenn etwas entdeckt wurde. «Hätte ich schon ein Baby, diese Finken würde ich gleich kaufen», strahlte etwa eine rund 16-jährige Frau am Sonntag.

Das alles gehört nun der Vergangenheit an. Jacqueline und Joe haben sich entschieden, ihre Chilbitätigkeiten einzustellen. «Nach 35 Jahren an der Chilbi haben wir genug und wollen künftig mehr Zeit für uns haben, um das Bündnerland zu entdecken und auf gemeinsame Wanderungen zu gehen», sagt Jacqueline. Am Montag hatten sie den «Letzten».

Den Flohmarktstand betrieben die beiden erst in den letzten Jahren. Begonnen hatte alles damit, dass die aktiven Schützen Gehringer für den Freien Schiessverein Oberarth zunächst das Büchsenwerfen organisierten, um die Vereinskasse etwas «aufmöbeln» zu können. 1996 kam der Kuchenstand dazu, dessen Süssigkeiten Jacqueline zunächst alleine herstellte, sie später aber durch Vereinsmitglieder und Verwandte unterstützt wurde. Für ihre Arbeit für das kleine Dorf am Fusse der Rigi wurden die beiden 2017 vom Einwohnerverein geehrt.

Jacqueline – Jäcky, wie sie auch genannt wird – hätte viel zu erzählen. Die Präsenz am Stand war nicht nur streng, sondern fast immer auch lustig und unterhaltsam. Sie erinnert sich denn auch gut an einen Mann aus Arth, der vor Jahren mit dem Mofa einen Käsekuchen holen wollte. Auf ihren Hinweis, das sei ein Griesskuchen mit Mandeln, habe der Kunde nur gesagt, dass ihm das «Wurst» sei. Er klemmte den Kuchen dann auf den Gepäckträger, sodass dieser in kleinste Teile zerfiel. «Er musste ihn dann wohl mit dem Löffel essen», schmunzelt die einheimische Chilbifrau noch heute. Sie erinnert sich aber auch, dass vor Jahren mehrere Schwarzwälder Kirschtorten innert weniger Minuten verkauft und verspeist wurden.

Mit all dem ist nun Schluss. Die Gehringers kehren der Oberarther Chilbi den Rücken und werden höchstens noch als Besucher anzutreffen sein. Der letzte Tag war ein eigentlicher Feiertag. Es war nicht nur der letzte Tag im Dienst der Chilbi: Jacqueline feierte gleichzeitig ihren 69. Geburtstag. Dass sie und ihr zwei Jahre jüngerer Gatte an diesem Tag nicht chilbifrei machten, erstaunt im Oberdörfli wirklich niemanden.

Jacqueline und Joe Gehringer arbeiteten dieses Jahr zum letzten Mal an der Oberarther Chilbi an ihrem Stand.
Bild: Jürg Auf der Maur