(GTA) Von den Wiegenliedern der Babyjahre bis zum De profundis beim letzten Kirchgang durchwirkt sie unsere Existenz. Mal tröstend, mal ergreifend dringt Musik in uns und nistet sich in der kleinsten Zelle ein. Wie eine akustische Postkarte erinnert sie uns an die unterschiedlichsten Stationen unseres Lebens. Meine Kindheit war ganz in „Azzurro“ eingefärbt, als Teenager sang ich begeistert mit Abba „Dancing Queen“ und trauerte um unerwiderte Liebe zu Smokies „Living next door to Alice“.
Heute versuche ich, meinen iPod-bewaffneten Kindern die goldenen Klassiker schmackhaft zu machen; es muss ja nicht gleich eine Bach-Fuge sein, das Intro von „Roll over Beethoven“ von ELO tut’s fürs Erste. Damit sie die leisen Töne und einen Sinn fürs Absurde entwickeln bietet sogar die heimische Szene unsterbliche Ohrwürmer: „Grüezi wohl Frau Stirnimaa“ der Minstrels oder „’s Zundhölzli“ vom Berner Barden Mani Matter sind Perlen helvetischen Schaffens. Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Aber es ist schon bedenklich, wenn Vorpubertierende Eminem auswendig zitieren aber kein einziges Gedicht von Wilhelm Busch (dafür Bushido!) kennen, von Erich Kästner ganz zu schweigen, 50 cent sowieso megacool und „Lara’s Theme“ aus Dr. Schiwago voll ätzend finden.
Die Zeiten haben sich geändert, Tribal und House, Rave und Trance sind in. Zu gerne würde ich mein Repertoire aus den 60ern, 70ern und frühen Discoära entstauben. Gerne wäre ich moderner. Doch bei aller Offenheit fürs Neue bleiben mir diese Klangwelten verschlossen. Musik soll verbinden und wecken, nicht trennen oder zudröhnen. Zu uns sprechen, in allen Variationen und Harmonien. Technorapp? Nein danke, dann doch eher eine Coverversion von Sinatra-Songs, etwa „That’s Life“ von Michael Bublé, nicht ganz so kehlig und wissend wie „Ol’ Blue Eyes“ zwar, denn dafür ist der swingende Kanadier schlicht zu jung. Und wenn schliesslich die xte Revival Band groovt, dann sind sie wieder da, die „Good Vibrations“.
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