Ein kurzes Leben voll Musik
von Erich Ketterer
Ein grosser Sohn unserer Gemeinde könnte am 30. Oktober seinen hundertsten Geburtstag feiern: Der bestbekannte Ländlermusik-Komponist und -Interpret Kasimir Geisser. Wie kaum ein anderer hat der schon zu Lebzeiten zur Legende gewordene Volksmusikant durch seine originellen, unvergänglichen Tanzweisen die Ländlermusik beeinflusst und es gibt heute – mehr als fünfzig Jahre nach Kasi Geisser’s Ableben – kaum ein namhafter Ländlermusiker, der nicht “Geisser-Tänze” im Repertoire hat.
Kasimir Geisser erblickte als Aeltester von sieben Geschwistern das Licht der Welt in Arth. Seine Eltern, Kasimir und Maria Geisser-Waldis hatten sich kurz vorher dort niedergelassen, nachdem Geisser, er war Bahnarbeiter bei der Gotthardbahn, zum Bahnhof Goldau versetzt wurde. Aufgewachsen ist der spätere Ländlerkönig in Goldau, die Familie Geisser zog in eine grössere Wohnung in die sogenannten “GB-Häuser” an der Steinerbergstrasse.
Mit 13 Jahren erhielt Kasi Geisser seine erste Klarinette und begann, unverdrossen zu üben. Er soll sich jeweils auf den Estrich zurückgezogen haben, wo er sich ungestört gewusst habe. Die theoretischen Grundkenntnisse und das Notenschreiben vermittelte ihm der damalige Goldauer Musikdirektor Miscovitsch. Geisser verfügte über die seltene Gabe des absoluten Musikgehör. Bereits mit 17 Jahren spielte er an der Ibächler Kilbi zum erstenmal als Tanzmusikant auf. Der Schule entlassen, arbeitet Geisser als Glasbläser in der Glühlampenfabrik Licht AG (heute LUXRAM). Schon bald zeigte sich, dass Kasi Geisser wohl ein begnadeter Musiker und Komponist war, aber im Alltagsleben tat sich der junge Mann schwer. Seine Arbeit, die ihm Pünktlichkeit und Ordnung abverlangte, war für ihn eine Zwangsjacke. So entfloh er kurzerhand dem eintönigen Fabrikbetrieb und tauschte die ihm unerträglich gewordene Existenz gegen ein Musikantenleben voller Wagnisse ein. Obgleich er fortan allein vom Musizieren lebte, war er kein Berufsmusiker im herkömmlichen Sinne. In Gesellschaft Gleichgesinnter traf man ihn jeden Samstag und Sonntag in anderen Wirtsstuben und Sälen an: man darf Geisser getrost als erster freischaffender Ländlermusiker und Komponist bezeichnen.
Kasi Geissers weiteres Leben war gekennzeichnet von ständigen Wohnsitzwechseln und auch seine Musikformationen hatten nie lange Bestand. Kaufmännisches Denken ging ihm beinahe gänzlich ab. Mit seinen musikalischen Fähigkeiten hätte Geisser es leicht gehabt, sich eine gesicherte Existenz aufzubauen. So aber lebte er immer gleichsam von der Hand in den Mund, am Rande des Existenzminimums. Seine einseitigen Begabungen liessen ihn annähernd den Status eines Sozialfalles werden, vor allem als er gegen Ende seines Lebens noch eine Familie gründete. Daneben zollte Kasi Geissers Gesundheit seinem oft ausschweifenden Lebenswandel Tribut. Das Musikmachen an unzähligen Freinächten, Alkohol und Nikotin wirkten sich negativ auf seine Gesundheit aus. 1943, mit erst 44 Jahren, starb Kasimir Geisser in Zürich.
Sein Lebensinhalt aber war in erster Linie die Ländlermusik. Auf ca. 90 Schallplatten – für Ländlermusiker jener Zeit eine unglaublich grosse Anzahl – brilliert Geisser als genialer Interpret mit der Klarinette. Noch höher einzuschätzen ist seine Leistung als Komponist von Volksmusik-Stücken, und zwar was die Qualität sowie die Quantität betrifft.
“Kasi-Geisser-Ausstellung” im Rest Gotthard, Goldau
Zum 100. Geburtstag des Ländlerkönigs realisiert die Kulturkommission der Gemeinde Arth eine schon länger geplante Ausstellung: im Saal des Rest. Gotthard in Goldau wurde ein idealer Platz gefunden, um eine “Kasi-Geisser-Gedenkstätte” einzurichten. Anhand von Fotos, Schallplatten, Musiknoten, handschriftlichen Aufzeichnungen, usw., wird Leben und Werk des unvergesslichen Musikers treffend dokumentiert.