Die Fotocollage über den islamistisch motivierten Terror empörte Journalisten, Politiker und Bildungsbürger gleichermassen. Allen voran den niederländischen Regierungschef; besorgt mahnte er den radikalen Parlamentarier, das Land nicht zu spalten, schon bevor er oder andere Integrationsbeauftragte den Streifen zu Gesicht bekommen hatten.
In “Fitna” ist jedoch nichts ausser tausendfach dokumentierte Wirklichkeit zu entdecken, kein beleidigendes Wort den moderaten Muslimen gegenüber, die sich regelmässig von jedem noch so diplomatischen Kritiker missverstanden fühlen. Die einzige vernehmbare Botschaft ist ein Aufruf zum Handeln und ein gellendes Nein zur Gewalt, die im Namen Allahs von Sittenwächtern systematisch gegen Frauen und Homosexuelle begangen wird. Ein mutiger Appell an die Verantwortlichen, Werte wie Gleichheit und das Recht der freien Rede, die Fundamente unserer liberalen Gesellschaftsordnung, hochzuhalten: ein unbequemes Stück Wahrheit zuhander jener Appeaser, die den blinden Fanatismus und die Indoktrination der Jüngsten durch Imame und antiwestliche Propaganda in Schulbüchern feige verdrängen.
Die islamische Welt reagierte nach Protokoll: mit Demonstrationen und Verlautbarungen, in denen das Video aufs Schärfste verurteilt wurde, als “irreführend”, als “Hasspredigt” gegen Millionen friedliebende Nachbarn. Von Bangladesh über Pakistan nach Indonesien, wo offen zum Mord an Wilders aufgerufen wurde, waren die gottesfürchtigen Kinder des Propheten erzürnt, drohten mit Repressalien gegen Nato-Truppen in Afghanistan, dem Boykott von niederländischen Waren.
Trotzdem erstaunt der Tenor, der die deutschsprachige Qualitätspresse in dieser Kontroverse prägt: vom einen oder anderen Intellektuellen, einer der sonst so eloquenten Feministinnen hätte man schon erwartet, dass sie inhaltlich Stellung beziehen, Zwangsverheiratungen Minderjähriger, Diskriminierung und Obrigkeitswillkür thematisiert hätten. An Orwells Neusprech ist man stattdessen erinnert, an “Biedermann und die Brandstifter”. Und wünscht sich, dass Montag und die Buchmenschen aus Truffauts “Fahrenheit 451″ unsere Voltaires und Russells, Kants und Heines doch noch vor den Flammen retten mögen. Weil sie sie ebenso lieben wie Gläubige ihre heiligen Schriften.
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